Fortsetzung von...
Die kleinst Episode mit Aysche wollte ich rasch vergessen. Ein unschuldiger Flirt, wie er unzählige Male stattfindet. Dann musste ich wegen eines Projektes für einige Wochen nach Berlin, dass allmählich meine Erinnerungen an sie verblassten. Schicksal ist Schicksal würde mein Vater sagen: Der Sommerhit "Aicha" führte mich bald zu ihr zurück.
Ich komme nicht umhin, mich zu dem Medium zu äußern, über das ich mich gerade potenziere. Während Jäger sich draußen bewegen, mehr oder weniger erfolgreich ihre Bücher veröffenlichen, mit ihren Kritiken in Feuilletons den Gang der Geschichte beeinflussen (zugegeben, nicht immer am großen Rad drehend aber immerhin sich in der Öffentlichkeit präsentierend), bieten wir, die Sammler, hier in aller Stille unsere Waren feil. Einige mögen gar morgens witternd ausharren, während sie am Abend ihr kontemplatives Hobby betreiben.
Wie dem auch sei. Ich bin, wie Sie wohl bemerkt haben, ein verhinderter Schriftsteller. Ich sammle meine Gemützustände und biete sie gelegentlich auf diesem Marktplatz an. Wie alle von uns, bemühe ich mein Produkt en passant an den Mann, an die Frau zu bringen. In Wahrheit träume ich aber den Traum des unendlich Verlinktwerdens.
Es ist ziemlich gewagt, promiskutiv zu sein und von der Liebe zu sprechen. Ich tue es trotzdem: Ich verliebe mich in jede Frau, die mir über den Weg läuft. Irgendein genetischer Defekt oder evolutionäres Missverständnis führt dazu, dass ich mich dutzendfach am Tag unsterblich verliebe.
Wie sehr ich mir einzureden versuchte, sie nicht zu begehren, blieb Aysche nicht nur ein Ohrwurm. Es wird jetzt ziemlich schwer sein, die Kurve zu kriegen, doch ich versuche es trotzdem. Im Verlaufe der Jahre wurde eine türkische Frau zu einem Mythos für mich. Wie eine Rothsche Figur war mein Traum, einmal mit einer jenen Frauen zu schlafen, die mich in meiner Jugend in tiefste Selbstzweifel stürzten.
Diese Abart des Stockholm-Syndroms führte schließlich dazu, dass ich ins Ruhrgebiet zurückgekehrt, sofort den Supermarkt aufsuchte, in dem ich Aysche zuletzt getroffen hatte. Arbeitete sie überhaupt noch hier? (wird fortgesetzt...)